Es ist Anfang März.
Immer sichtbarer wird es – dieses Licht. Die kurzen, dunklen Tage sind vorbei. Morgens zwitschern wieder die Vögel und die ein oder andere Stunde kann schon wieder in der Sonne verbracht werden.
Frühlingserwachen.
Auch die biblischen Texte dieser Zeit sprechen von einem „Aufwachen“ im übertragenen Sinne. So hören wir in der Fastenzeit von allen Seiten des Glaubenslebens:
- von der Versuchung und dem Aufruf aufzuwachen, dem Evangelium zu folgen und den Glauben zu leben (1. Fastensonntag – Mk 1,12-15)
- von der Sehnsucht nach Sicherheit, nach Heil und der Realität, in der es gilt aufzuwachen und sich dem Leben zu stellen (2. Fastensonntag – Mk 9,2-10)
- von der Wut auf profitorientierten Handel mit dem Glauben und der Verheißung eines Glaubens, der im Leben stattfindet, wenn man aufwacht (3. Fastensonntag – Joh 2, 13-15)
- vom der Hoffnung auf Licht, auf ein Aufwachen nach dem Tod (4. Fastensonntag – Joh 3,14-21)
- von der Dunkelheit und dem Tod, den es braucht um aufzuwachen, aufzustehen (5. Fastensonntag – Joh 12, 20-33)
Versuchung und Sehnsucht.
Wut und Hoffnung.
Licht und Dunkelheit.
Alles hat eine Kehrseite: Zur Freude gehört das Leid, zur Hoffnung gehört die Angst und zur Sehnsucht die oft harte Realität.
Auf die fünf Fastensonntage folgt die Karwoche – eine Woche voller Kehrseiten:
Am Palmsonntag zieht Jesus nach Jerusalem ein, wie ein König. Doch Jesus trägt keine Waffen, keine prunkvollen Gewänder – er unterscheidet sich, ist die Kehrseite eines jeden Königs der damaligen Welt.
Die Gemeinschaft des Abendmahls, dessen wir am Gründonnerstag gedenken, wird unterbrochen durch die Einsamkeit Jesu im Garten Getsemani. Der Zusammenhalt der Jünger, durch den Verrat.
Das unfassbare Leid im Kreuzestod Jesu am Karfreitag wandelt sich nur kurze Zeit später in die große Osterfreude.
Ohne Kehrseiten geht es nicht. Die Kehrseiten gehören zu unserem Leben, zu unserer Zeit und zum Menschsein an sich. Doch jede Kehrseite hat auch wieder eine Kehrseite.
Das Frühlingserwachen zeigt uns jedes Jahr aufs Neue, dass es sich immer wieder lohnt aufzuwachen. Das Licht in den Blick zu nehmen, dabei die Dunkelheiten nicht zu vergessen und zu sehen, dass alle Seiten im Leben einen Platz haben dürfen.
Besonders in den Tagen vor und um Ostern wird uns allen deutlich, dass Gott mit uns durch alle Kehrseiten des Lebens geht und ganz am Ende steht die Freude, das Licht, das immer brennen wird.
Maria Grüner, Dekanatsreferentin
Leben im Glauben März 2024 (PDF zum Ausdrucken)